OLG München: Die CE-Kennzeichnung kann den Nachweis der wissenschaftlichen Absicherung der Zweckbestimmung nicht ersetzen

  1. Das Landgericht hat zu Recht den Vertrieb des streitgegenständlichen Produktes als Medizinprodukt mit den Zweckbestimmungen „zur Therapie von Beschwerden der Blase sowie der Harnwege“ sowie „Dient zur Aufrechterhaltung einer gesunden Blasenfunktion, zur Vorbeugung von Beschwerden der Harnwege und des Harntraktes und zur Vorbeugung von Blaseninfektionen“ sowie „zur Abwehr und Verringerung von Blasenbeschwerden“ untersagt, weil von zwei lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten einer zutrifft, auf den sich das Gericht mangels anders lautender Antragstellung stützen kann, auch wenn der andere nicht zutrifft.

 

 

  1. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht, da dem Medizinprodukt mit der verwendeten Zweckbestimmung in irreführender Weise eine Leistung zugeschrieben wird, die es nicht hat, was einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 2 MPG darstellt.
OLG München, Urteil v. 07.05.2020 – 29 U 101/20 (rechtskräftig)
Instanzen:
LG München II, Urteil vom 09.12.2019, Az.: 2HK O 3009/19
§ 4 Abs. 2. Nr. 1 MPG, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 a UWG


Erstinstanzlich wurde untersagt, das Produkt mit dem Wirkstoff „D-Mannose“ mit den benannten Zweckbestimmungen als Medizinproduktes in den Verkehr zu bringen sowie mit den Aussagen „Zur Abwehr von Blasenbeschwerden“ und/oder „Zur Aufrechterhaltung einer gesunden Blasenfunktion“ und/oder „zur Therapie von Beschwerden der Blase und der Harnwege“ zu bewerben.

 

Das OLG München hat auf die Berufung hin offengelassen, ob das streitgegenständliche Produkt als Arzneimittel einzustufen ist und sich auf den lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkt einer gegen § 4 Abs. 2 MPG verstoßenden Verwendung einer irreführenden Zweckbestimmung gestützt. Die Rechtsprechung zur unlauteren Werbung mit Medizinprodukten sei im Wesentlichen an § 3 HWG orientiert, auch wenn die dortigen Aussagen gleichermaßen für § 4 Abs. 2 MPG gelten. Danach sei stets gefordert, dass die Aussagen zum Produkt fachlich mittels schulmedizinischer Daten belegbar sind bzw. bei umstrittener Therapie dies deutlich gemacht werde.

 

Schulmedizinisch gesichert in dem Sinne sei lediglich eine prophylaktische Wirkung des Wirkstoffes D-Mannose, nicht belegt sei hingegen bei bereits eingetretener bakterieller Blasen- oder Harnwegsentzündung eine lindernde oder gar heilende Wirkung. Dies aber würde durch die Zweckbestimmung „zur Therapie von Beschwerden der Blase und der Harnwege“ suggeriert. Dies verstehe der angesprochene Verkehr dahingehend, dass das Mittel geeignet sei, therapeutisch bei bereits eingetretenen Beschwerden eingesetzt zu werden.

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