OLG Düsseldorf: Haftung des Krankenhausträgers bei Nervenläsion durch überhöhten Manschettendruck

Ein Krankenhausträger ist zu Schadenersatz und zur Leistung eines Schmerzengeldes verpflichtet, wenn die Ursache des körperlichen Schadens in die Verantwortlichkeit des Krankenhausträgers fällt.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.10.1984 – 8 U 66/82
§§ 611, 276, 278, 823, 831, 847 BGB


Sachverhalt:

Der kl. Architekt (geboren 1919) begab sich am 4.10.1976 in das von der Bekl. zu 1) unterhaltene E.-Krankenhaus in M. zur Behandlung einer Dupuytrenschen Kontraktur, von der beide Hände betroffen waren. Nach den Angaben des Kl. hatten sich erste Veränderungen vor 30 Jahren bemerkbar gemacht. Behinderungen bestanden seit etwa vier bis fünf Jahren.
Am 7.10.1976 führte der Bekl. zu 2), der als Oberarzt der chirurgischen Abteilung im Krankenhaus der Bekl. zu 1) arbeitete, an der rechten Hand eine Palmarektomie aus, um die Gewebsveränderungen als Ursache der Beugekontraktur an der rechten Hand zu beseitigen. Der operative Eingriff wurde in Blutleere vorgenommen (nach Anlegen einer Druckmanschette am rechten Oberarm). Der zulässige Manschettendruck zur Herstellung der Blutleere an der oberen Extremität durfte zur Vermeidung von Folgeschäden 300 mm Hg nicht überschreiten. Der Zustand der Blutleere dauerte nach der Aufzeichnung im Anästhesiebericht von 8.40 Uhr bis 10.10 Uhr und nach notwendiger Unterbrechung erneut von 10.30 Uhr bis 11.05 Uhr. Die Höhe des Manschettendrucks wurde weder im Anästhesiebericht noch im Operationsbericht vermerkt. Nach dem Erwachen des Kl. aus der Narkose wurde am rechten Arm eine Parese der motorischen und sensiblen Nerven festgestellt, auch an der rechten Hand. Die elektrische Erregbarkeitsprüfung ergab zunächst einen Totalausfall.
Im Krankenhaus der Bekl. zu 1) wurden sodann vom 1.12.1976 bis 28.4.1977 wegen der peripheren Nervenschädigung ambulante physiotherapeutische Behandlungen durchgeführt. Unter dem 2.2.1977 schrieb Dr. S. an den Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der Bekl. zu 1) und meldete für den Kl. Ansprüche auf Schadenersatz gegen den Bekl. zu 2) und das Krankenhaus an wegen der Nervenschädigung und Folgewirkungen aus der Operation vom 7.10.1976. Der Chefarzt erwiderte, der Haftpflichtversicherer des Krankenhauses, der auch den Ärzten des Krankenhauses Versicherungsschutz zur Verfügung stelle, werde und könne ohne Nachweis der Schadenursache eine Entschädigung nicht zahlen. Unter dem 16.8.1977 erhob der Kl. hierauf bei der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer N. den Vorwurf fehlerhafter Behandlung bei der Operation vom 7.10.1976 gegen den Bekl. zu 2) und gegen das von der Bekl. zu 1) unterhaltene Krankenhaus. Die Kommission leitete ein Gutachterverfahren ein und forderte die Behandlungsunterlagen von der Bekl. zu 1) an, die auch überreicht wurden. Das Verfahren endete mit der gutachtlichen Stellungnahme der Kommission vom 25.10.1979. Die Kommission gelangte zu folgendem Ergebnis: Nach den Umständen müsse angenommen werden, dass der Druck der pneumatischen Manschette über längere Zeit zu hoch gewesen sei und dass der überhöhte Druck zur direkten Schädigung der peripheren Nerven am rechten Arm geführt habe. Die in der Folgezeit aufgetretenen Bewegungseinschränkungen der Hand- und Fingergelenke seien als indirekte Folgen des überhöhten Manschettendrucks und der Nervenschädigung zu qualifizieren.
Im Schreiben vom 28.2.1980 – gerichtet an die anwaltlichen Vertreter des Kl. – vertrat der Haftpflichtversicherer der Bekl. den Standpunkt, dass Schadenersatz allenfalls zu leisten sei für die direkten Folgen einer eventuellen Nervenschädigung, die indes bis zum 10.2.1977 abgeklungen seien; für die sekundäre Versteifung der Hand und Fingergelenke brauchten Krankenhaus und Ärzte nicht einzustehen; insoweit bestehe kein Kausalzusammenhang mit der behaupteten Druckschädigung. Vorsorglich erhob der Versicherer für die Bekl. die Einrede der Verjährung.
Mit der am 23.4.1980 eingegangenen und am 30.4.1980 zugestellten Klage verlangte der Kl. von den Bekl. Schadenersatz (für Verdienstausfall und vermehrte Aufwendungen im Zusammenhang mit der notwendigen ärztlichen Behandlung), angemessenes Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht der Bekl.
Er behauptete u.a.: Bei der Operation sei der zur Erreichung der Blutleere zulässige höchste Druck erheblich überschritten worden. Die Nervenlähmung sei die unmittelbare Folge der Drucküberschreitung und der dadurch ausgelösten Druckschädigung, die Gelenkversteifung stelle sich dar als sekundäre Folge dieses Behandlungsfehlers. Infolge der Nervenlähmung und der dadurch ausgelösten Versteifungen sei die Funktionsfähigkeit der rechten Hand (für die Berufsausübung) verlorengegangen, die zuvor ungeachtet der Veränderungen aus der Dupuytrenschen Kontraktur bestanden habe. Infolge der eingetretenen Versteifung könne er nicht mehr zeichnen (Rechtshänder). Unmöglich geworden sei auch ein Zupacken mit der rechten Hand. Diese Behinderung mache es beispielsweise unmöglich, dass er sich an Stufen oder Seitenteilen von Bauleitern festhalte. Wegen der eingetretenen Behinderung habe er seine berufliche Tätigkeit als Architekt zum 30.9.1978 einstellen müssen.
Die Bekl. bestritten das Vorbringen zum Grund und zur Höhe des Klagebegehrens und wiederholten die Einrede der Verjährung.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung des Kl. hat hinsichtlich seiner Ansprüche gegen die Bekl. zu 1) Erfolg; im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

Die Bekl. zu 1) ist dem Kl. zum Schadenersatz und zur Leistung eines Schmerzensgeldes verpflichtet. Insoweit ist das prozessuale Begehren dem Grunde nach zur Entscheidung reif. Die Klage gegen den Bekl. zu 2) ist unbegründet. Insoweit hat das LG im Ergebnis richtig entschieden.
Die Bekl. zu 1) haftet als Träger des E.-Krankenhauses aus dem Gesichtspunkt der Vertragsverletzung und der unerlaubten Handlung (§§ 611, 276, 278, 823, 831, 847 BGB), weil es am 7.10.1976 bei der operativen Behandlung des Zustands, der sich infolge krankhafter Kontraktur der Palmarfascien in der rechten Hohlhand entwickelt hatte (Dupuytrensche Kontraktur) und dort zu einer deutlichen Beugekontraktur des fünften Fingers und zu einer erheblichen Verdickung der Palmaraponeurosen (das sind die fächerförmigen Verbreiterungen der Sehne des Musculus palmaris in der Hohlhand) im Bereich des vierten bis zweiten Mittelhandstrahls geführt hatte, zu einer Läsion peripherer Nerven gekommen ist, die sich in einer vorübergehenden Parese der Arm- und Handnerven bemerkbar gemacht hat. Die Parese ist unmittelbar nach dem Erwachen aus der Narkose ärztlich festgestellt worden. Es bestand zunächst ein Totalausfall der Motorik und Sensibilität im rechten Arm einschließlich der rechten Hand, ohne dass es – was die anschließenden Erregbarkeitsprüfungen ergeben haben – zu einer Kontinuitätsunterbrechung im Sinne einer bleibenden Nervenschädigung gekommen wäre. Die Parese der motorischen Nerven am Arm und an der Hand hat sich nur langsam zurückgebildet. Das ergibt sich aus dem Behandlungsblatt des Krankenhauses, in dem ohne Schilderung von Einzelheiten eine Verbesserung der Bewegungsfähigkeit erstmals unter dem 25.10.1976 angedeutet worden ist. …
Die Nervenläsion ist durch überhöhten Manschettendruck bei der Operation ausgelöst worden. Der bei Dupuytrenscher Kontraktur zweiten oder dritten Grades, die beim Kl. vorgelegen hat, indizierte operative Eingriff besteht in der vollständigen Resektion der Palmaraponeurose mit allen Gewebsverhärtungen in den betroffenen Fingern. Der Eingriff wird in Blutleere ausgeführt, weil nur so eine Entfernung des veränderten Bindegewebes unter Schonung der feinen Nerven und Gefäße der Hohlhand möglich ist (Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M.). Der Zustand der Blutleere wird durch eine pneumatische Blutsperre herbeigeführt. Zu diesem Zweck wird nach Auswickeln des Arms eine breite Druckmanschette am Oberarm angelegt und auf 250 bis höchstens 300 mm Hg Druck aufgepumpt. Der Druck wird über ein Manometer kontrolliert, das zwischen Pumpe und Manschette sitzt und mit einer Absperrschraube versehen ist, die ihrerseits den Druck konstant hält. Die Skala des Manometers ist mit speziellen Markierungen für die Höchstwerte versehen, die für die oberen und unteren Extremitäten unterschiedlich sind und für den Arm bei 300 mm Hg liegen.
Dass allein überhöhter Manschettendruck als direkte Ursache der sofort nach der Operation manifest gewordenen Nervenschädigung in Betracht kommt, hat der medizinische Sachverständige Prof. Dr. M. im Einzelnen erläutert. Durch den Druck der Manschette kommt es im Gewebe zu einer Flüssigkeitsansammlung im Sinne einer Ödembildung und zusätzlich zu histochemischen Veränderungen. Dieser Mechanismus hat Auswirkungen auch auf die im Druckgebiet verlaufenden peripheren Nerven. Die für die Funktionsfähigkeit der Nerven notwendige Versorgung wird durch Druck beeinträchtigt und herabgesetzt und – wenn der Druck das nach medizinischer Erfahrung zulässige Maß überschreitet – sogar unterbunden mit der Folge, dass es infolge der Versorgungsunterbrechung zu einer Parese kommt.
In diesem Zusammenhang entspricht es gesicherter medizinischer Erfahrung, dass pneumatische Blutsperren Nervenstörungen und Nervenschädigungen nicht auslösen, wenn Zeitdauer und Druck im zulässigen Rahmen bleiben. Die histochemischen Veränderungen bilden sich nach Ende der Blutsperre folgenlos zurück. Gleiches gilt im Ergebnis für die druckbedingte Flüssigkeitsansammlung im Gewebe, die sich ebenfalls folgenlos auflöst. Der medizinische Sachverständige der als Chefanästhesist einer auf Handchirurgie spezialisierten großen Klinik seit Jahrzehnten tätig ist, hat eine Nervenschädigung, wie sie beim Kl. aufgetreten ist, unter einwandfreien Druckverhältnissen nicht erlebt. Soweit in der medizinischen Fachliteratur über Nervenschädigungen nach pneumatischen Blutsperren berichtet worden ist, haben die angestellten Untersuchungen und Prüfungen ergeben, dass die Anzeigegeräte defekt waren und dass der tatsächliche Manschettendruck jeweils rund 50 mm Hg über dem am defekten Manometer angezeigten Druck gelegen hatte. …
Mit Sicherheit ausgeschlossen hat der medizinische Sachverständige, dass die beim Kl. manifest gewordene Nervenschädigung die Folge einer konstitutionellen Besonderheit oder Anomalie ist. Bei untergewichtigen Patienten, deren natürliches Gewebepolster überaus gering ist, können allerdings auch bei Einhalten des zulässigen Manschettendrucks Nervenstörungen ausnahmsweise auftreten. Der Kl. gehörte indes unter Berücksichtigung der im Krankenblatt aufgezeichneten Daten nicht zu dieser Patientengruppe. Auch insoweit hat der medizinische Sachverständige eine sichere Feststellung getroffen.
Dass die Nervenschädigung endlich nicht auf einem operativen Fehler des Bekl. zu 2) beim Manipulieren an der geöffneten Hand beruht, ergibt sich aus der Art der aufgetretenen Schädigung, die – wie der neurologische Sachverständige Prof. Dr. H. dargelegt hat – nur erklärt und verständlich gemacht werden kann mit einer durch die Blutsperre ausgelösten Neurapraxie.
Für die Nervenschädigung hat die Bekl. zu 1) als Träger des Krankenhauses einzustehen. Der überhöhte Manschettendruck als direkte Ursache des unmittelbaren körperlichen Schadens beruhte entweder auf einem Defekt des für die Blutsperre eingesetzten Messgeräts oder – wenn die Apparatur einwandfrei gewesen sein sollte – auf einer Unachtsamkeit des Anästhesisten oder des eingesetzten medizinischen Hilfspersonals. Für beide Fehler, die hier allein in Betracht kommen, ist der Krankenhausträger verantwortlich.
Da die Bekl. zu 1) den Kl. zur Heilbehandlung als Patienten aufgenommen hatte, bestand für sie die vertragliche und allgemeine Verpflichtung, für die Operation, die in Blutleere ausgeführt werden musste, einwandfreie Geräte bereitzustellen (BGH VersR 1975, 952 = NJW 1975, 2245; 1978, 82 = NJW 1978, 584). Druckmanometer für Blutsperrmanschetten können aus den verschiedensten Gründen defekt werden. Da dem Manometer bei der Operation in Blutleere eine erhebliche Bedeutung zukommt, muss durch technische Kontrollen gewährleistet sein, dass das Gerät, wenn es zum Einsatz kommt, funktionsfähig ist und fehlerfrei arbeitet. In diesem Zusammenhang ist es – im Interesse des betroffenen Patienten – ein Fehlverhalten, wenn die Geräte erst ausgesondert werden, nachdem sich die Unzulänglichkeit intraoperativ ergeben hat und der Patient geschädigt worden ist. Erforderlich sind deshalb Kontrollen und Weisungen, durch die sichergestellt wird, dass nur einwandfreie Messgeräte eingesetzt werden. Das hat die Bekl., soweit eine Entlastung rechtlich überhaupt in Betracht kommt (§ 831 BGB), nicht dargetan. Eine Entlastung ergibt sich nicht aus ihrem Vorbringen, dass die Manometer der Blutabsperrgeräte laufend auf Funktionstüchtigkeit hin beobachtet worden seien und dass man bei geringstem Verdacht einer Beschädigung die Aussonderung vorgenommen habe. Gegenüber der objektiven Mangelhaftigkeit des Messgeräts – von der ausgegangen werden muss, wenn nicht ein Bedienungsfehler des Personals vorliegt – hätte dargelegt werden müssen, dass das konkrete Gerät regelmäßig und auch vor dem 7.10.1976 auf einwandfreie Beschaffenheit überprüft worden ist. Daran fehlt es.
Geht man von einer Unachtsamkeit des Personals vor und während der Operation aus – das ist die andere in Betracht kommende Möglichkeit – so hätte die Bekl. zur Entlastung dartun müssen, dass der mit der Bedienung des Geräts befasste Verrichtungsgehilfe gehörig ausgewählt und beaufsichtigt worden ist. Auch diese Entlastung hätte konkret, also bezogen auf die tatsächlich eingesetzte Hilfsperson, erfolgen müssen. Nach dem eigenen Vortrag der Bekl. zu 1) wurde die Kontrolle des Druckmessgeräts intraoperativ von einem Anästhesiepfleger wahrgenommen. Wer in dieser Funktion am 7.10.1976 bei der Operation an der Hand des Kl. eingesetzt worden ist, hat die Bekl. nicht feststellen und im Prozess nicht mitteilen können. Zusätzlich scheitert jeder Entlastungsbeweis, weil die Bekl. zu 1) nach dem Schadeneintritt eine konkrete Untersuchung des eingesetzten Messgeräts nicht vorgenommen hat. …
Eine Haftung des Bekl. zu 2) für die Schäden infolge überhöhten Manschettendrucks scheidet aus. Prof. Dr. S. hat erläutert, dass die Kontrolle des Drucks für die Blutsperre bei der Operation zur Vorbereitung und intraoperativ nicht zu den Aufgaben und Pflichten des Chirurgen gehört, der den Eingriff ausführt, sondern vom Anästhesisten wahrzunehmen ist. Die Messgeräte liegen im Sichtbereich des Anästhesisten. Der Operateur kann sich dagegen während des Eingriffs den Messgeräten nicht zuwenden, da er den operativen Eingriff wegen der zeitlichen Beschränkung für die Blutleere in einer bestimmten Zeitspanne erledigen muss. Der Senat schließt sich dem medizinischen Sachverständigen in diesem Punkt an. …
Zu der durch das Fehlverhalten (überhöhter Manschettendruck) verursachten gesundheitlichen Schädigung gehören auch die zeitlich später aufgetretenen Veränderungen an der rechten Hand, die erstmals von Professor Dr. M. beschrieben und zutreffend als Erscheinungen eines Sudecksyndroms eingeordnet worden sind. (Wird ausgeführt.)
Gegenüber dem Klagebegehren kann die Bekl. nicht mit Erfolg einwenden, die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt. Soweit die Klage ihre Rechtsgrundlage in den Vorschriften über die Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten hat, greift die Rechtsverteidigung nicht durch, weil für vertragliche Schadenersatzansprüche die dreißigjährige Verjährung maßgebend ist. Verjährung ist aber auch nicht eingetreten ggü. dem Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld, der allein auf die Vorschriften über die unerlaubte Handlung gestützt werden kann (§§ 823, 831, 847 BGB).
Nach § 852 Abs. 1 BGB verjähren deliktische Ansprüche innerhalb von drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen sichere Kenntnis erlangt. Nimmt der Patient einen Arzt oder ein Krankenhaus auf Schadenersatz in Anspruch, so beginnt die Verjährung, sobald der Patient ohne medizinisches Einzelwissen laienhaft davon überzeugt ist, dass bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigungen die Folge einer fehlerhaften Heilbehandlung durch den Arzt oder durch das Krankenhaus sind. Diese Überzeugung, die nach der st. Rspr. des Senats der sicheren und positiven Kenntnis gleichsteht, hat beim Kl. am 2.2.1977 vorgelegen. Das ergibt sich aus dem Schreiben, das der inzwischen verstorbene Internist Dr. S. für den Kl. an den Chefarzt der chirurgischen Abteilung des von der Bekl. zu 1) unterhaltenen Krankenhauses gerichtet hat und in dem Schadenersatz angemeldet worden ist für die nach der Operation vom 7.10.1976 manifest gewordenen Nervenschäden und deren Folgeerscheinungen. Diese Anmeldung richtete sich ausdrücklich auch gegen die Bekl. zu 1).
Entgegen der Auffassung der Bekl. zu 1) ist die Verjährung bis zur Einreichung der Klage am 23.4.1980 nicht eingetreten, weil der Lauf der Verjährung durch das Verfahren gehemmt worden ist, das auf den Antrag des Kl. seit dem 16.8.1977 bei der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer N. eingeleitet und mit dem Bescheid vom 25.10.1979 beendet worden ist. Das Verfahren vor der Gutachterkommission ist für die Beteiligten – Patient, Ärzte und Krankenhaus – eine Verhandlung über den zu leistenden Schadenersatz i.S.d. § 852 Abs. 2 BGB (n.F.), und zwar für die Zeit ab In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelung (1.1.1978 – BGH VersR 1983, 690 = NJW 1983, 2075). Dass die Bekl. zu 1) die Verhandlung bereits vor der oben genannten Verfahrensbeendigung verweigert hätte, wird nicht behauptet und ist nicht dargetan. …
Der Bekl. zu 2), dem nach den vorstehenden Ausführungen ein kunstfehlerhaftes Vorgehen bei der Operation vom 7.10.1976 nicht zur Last fällt und der für die Nervenschädigung infolge überhöhten Manschettendrucks nicht einzustehen hat, ist dem Kl. auch nicht wegen unterlassener Risikoaufklärung zum Schadenersatz und zur Leistung von Schmerzensgeld verpflichtet. (Wird ausgeführt.)

OLG Düsseldorf vom 31.10.1984
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