SG Köln: Zur Bedeutung der CE-Kennzeichnung für den Anspruch auf Eintragung eines Medizinprodukts in das deutsche Hilfsmittelverzeichnis

1) Nach § 139 Abs. 4 SGB V sind Hilfsmittel in das Verzeichnis aufzunehmen, wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit, die Sicherheit, die Erfüllung der Anforderungen nach § 139 Absatz 2 SGB V und – soweit erforderlich – den therapeutischen Nutzen nachgewiesen hat sowie das Hilfsmittel mit einer Produktinformation in deutscher Sprache versehen ist.

2) Nach § 139 Abs. 5 SGB V gilt für Medizinprodukte der Nachweis der Funktionstauglichkeit und der Sicherheit durch die CE-Kennzeichnung grundsätzlich als erbracht.

3) Ein Blutzuckermessgerät besitzt keinen “therapeutischen Nutzen”, denn die Zweckbestimmung des Geräts liegt in der Blutzuckerbestimmung. Der Nachweis eines therapeutischen Nutzens kann daher auch nicht als Voraussetzung für eine Eintragung verlangt werden.

SG Köln, Urteil v. 19.03.2008 – S 5 KR 176/05
SGB V § 139 Abs. 5
SGB V § 139 Abs. 4


Erledigungsvermerk: 27.4.2008

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von den beklagten Spitzenverbänden der Krankenkassen die Aufnahme des Blutzuckermessgerätes "Medismart Brilliant" in das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung.

Am 12.8.2004 beantragte die Klägerin die Aufnahme eines neuen Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 SGB V in die Produktgruppe 21 "Messgeräte für Körperzustände", und zwar das Blutzuckermessgerät "Medismart Brilliant". Die Klägerin ist Herstellerin des Gerätes, das sie bei der Tyson Bioresearch Inc. in Taiwan produzieren lässt. Bei der Antragstellung legte die Klägerin verschiedene Bescheinigungen über Zertifizierungen vor, u.a. auch für das von dem Produzenten Tyson Bioresearch Inc. baugleich herstellte Gerät EZ Smart Blood Glucose Monitoring System sowie Zertifizierungen von dem Bioresearch Centre of Finland vom 17.10.2002, eine norwegische Zertifizierungsbescheinigung vom 8.10.2001 sowie eine CE-Zertifizierungsbescheinigung des TÜV Österreich über die EG-Konformitätsbescheinigung des Qualitätssicherungssystems der Produktion gem. Anhang VII Abschnitt 3 der Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika. In dieser Bescheinigung vom 4.5.2004 des TÜV Österreich wurde der Klägerin als dem Hersteller des Blutglukoseanalysegerätes für Selbstkontrolle die CE-Nr. 0408 am 4.5.2004 ausgestellt.

Mit Schreiben vom 14.9.2004 teilte der IKK Bundesverband der Klägerin mit, die Voraussetzung für die Aufnahme von Produkten in das Hilfsmittelverzeichnis sei, dass der Antragsteller die Funktionstauglichkeit und den therapeutischen Nutzen des Hilfsmittels sowie seine Qualität nachweise. Über die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis entschieden die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich, nachdem der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) die Voraussetzungen geprüft habe (§ 139 Abs. 2 SGB V). Für das gebrauchsfertige Produkt seien in den Antragsunterlagen keine detaillierten und differenzierten Aussagen unabhängiger Stellen zur Funktionstauglichkeit beigefügt gewesen. Eine Konformitätserklärung seitens der Klägerin sei den Antragsunterlagen auch nicht beigefügt gewesen. Die Klägerin teilte den Beklagten am 26.1.2005 mit, dass sie für das Blutzuckermessgerät "Medismart Brilliant" als Hersteller am Markt auftrete. Eigentlicher Produzent sei das Taiwanesische Unternehmen Tyson, das für das technisch identische Produkt mit dem Namen EZ Smart Blood Glucose Meter ein Konformitätsbewertungsverfahren gem. EG-Richtlinie 98/79/EG (Richtlinie für In-vitro-Diagnostika) bei der benannten Stelle VTT Industrial Systems in FIN - 33101 Tampere durchgeführt habe. Auf der Basis des bei Tyson erfolgreich abgeschlossenen Konformitätsbewertungsverfahrens sei das Produkt "Medismart Brilliant" im Konformitätsbewertungsverfahren für die Klägerin durch die benannte Stelle vom TÜV Österreich zertifiziert worden. Die Baugleichheit der Produkte "Medismart Brilliant" und EZ Smart Blood Glucose Meter werde durch die Firma Tyson explizit bestätigt. Auf Grund der Baugleichheit der Produkte von Tyson und der Klägerin beträfen die vorliegenden Nachweisdokumente für das Gericht EZ Smart Blood Glucose Meter von Tyson zugleich das Messgerät "Medismart Brilliant" der Klägerin. Im Rahmen der Konformitätsbewertung nach EG-Richtlinie 98/79/EG des Blutzuckermesssystems sei von der benannten Stelle die Einhaltung der in der Richtlinie definierten Grundlegenden Anforderungen überprüft worden. Die Erfüllung der Grundlegenden Anforderungen beinhalte die Einhaltung aller relevanten Sicherheitsbestimmungen und -vorschriften inklusive der Einzelanforderungen zur elektrischen Sicherheit und elektromagnetischen Verträglichkeit. Da es sich bei dem Medismart Blutzuckersystem um ein In-vitro-Diagnostik-Produkt zur Eigenanwendung handele, sei die Prüfungsschärfe in Bezug auf die Erfüllung der Grundlegenden Anforderungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens sehr hoch. Die für das Konformitätsbewertungsverfahren verantwortliche Stelle, der TÜV Österreich, mit der Kennnummer 0408, bestätige, dass die Einhaltung der relevanten Sicherheitsbestimmungen und -vorschriften Gegenstand des Konformitätsbewertungsverfahrens ist und somit abgesichert ist.

Mit Bescheid vom 26.4.2005 lehnten die Beklagten die Aufnahme des Produktes in das Hilfsmittelverzeichnis ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Geräte müssten zur Selbstmessung von Kapillarblut geeignet sein. Messgenauigkeit und Reproduzierbarkeit der Messwerte müssten für eine Selbstmessung ausreichend groß sein. Für das gebrauchsfertige Produkt seien den Antragsunterlagen keine detaillierten und differenzierten Aussagen unabhängiger Stellen zur Funktionstauglichkeit beigefügt gewesen. Bei der vorgelegten Zusammenfassung Tyson Bioresearch Inc. handele es sich jedoch nicht um eine durch ein unabhängiges Prüfinstitut durchgeführte vollständige Evaluation der Genauigkeit und der Benutzerakzeptanz. Vollständige Prüfberichte zur elektrischen Sicherheit des gebrauchsfertigen angemeldeten Produktes durch Aussagen und Prüfzertifikate unabhängiger akkreditierter Prüfinstitute seien den Antragsunterlagen nicht beigefügt gewesen.

Dagegen legte die Klägerin am 25.5.2005 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, in Anlehnung an die vom Europäischen Gerichtshof gefällte Entscheidung zur Erstattungsfähigkeit von Rollstühlen vom 13.1.2005 ggü. Belgien würde darauf hingewiesen, dass die Bewertung der Erstattungsfähigkeit unter Einhaltung des Gemeinschaftsrechtes zu erfolgen habe und nicht von Aspekten abhängig zu machen sei, die in Bezug auf die ordnungsgemäß CE-Kennzeichnung über die Anforderungen der anzuwendenden EG-Richtlinien hinausgingen. Im Falle von Blutzuckermessgeräten zur Eigenanwendung werde in der EG-Richtlinie 98/79/EG ein hohes Maß der Überwachung des Produktes hinsichtlich der Einhaltung der grundlegenden Anforderungen durch die genannten Stellen definiert, insb. auch zu den fraglichen Aspekten Messgenauigkeit, Benutzerakzeptanz und Produktsicherheit. Durch den ablehnenden Bescheid der Spitzenverbände der Krankenkassen würden die Entscheidungen der involvierten benannten Stellen, die die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen ebenso wie die Einhaltung der Anforderungen an die Auslegung, Produktion und Endkontrolle der Produkte durch den Hersteller durch die Ausgabe der produktbezogenen Zertifikate bestätigten, in Frage gestellt und somit die Rechtmäßigkeit der erteilten CE-Kennzeichnung. Es werde ausdrücklich nochmals darauf hingewiesen, dass die Zertifizierung durch eine benannte Stelle die in dem Bescheid geforderte vollständige Evaluierung der Genauigkeit und der Benutzerakzeptanz sowie der elektrischen Sicherheit entsprechend dem in der EG-Richtlinie 98/79/EG festgelegten Verfahren darstelle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.7.2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen.

Am 10.8.2005 hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung ihrer Klage bezieht sie sich im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Ergänzend bezieht sie sich auf die jüngste Entscheidung des Bundessozialgerichts, wonach für Hilfsmittel, die im Einzelfall keinen therapeutischen Nutzen hätten, wie das im vorliegenden Fall zur Eintragung angemeldete Hilfsmittel - bereits dann von einem für die Eintragung ausreichenden Nachweis der Funktionstauglichkeit und der Qualität auszugehen sei, wenn eine so genannte CE-Kennzeichnung vorliege. Das BSG spreche völlig zu Recht von einer Tatbestandswirkung der CE-Kennzeichnung und habe dazu ausdrücklich ausgeführt, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen darüber hinaus kein weiteres eigenes Prüfungsrecht mehr hätten. Auch das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe mit seiner Entscheidung vom 20.9.2005 ausdrücklich hervorgehoben, dass die Funktionstauglichkeit und die Qualität mit der Erteilung der CE-Kennzeichnung abschließend und endgültig geprüft seien. Das zur Anmeldung stehende Gerät habe die CE-Kennzeichnung, sodass die Eintragung in das Hilfsmittelverzeichnis allein deswegen vorzunehmen sei.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 26.4.2005 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2005 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, das von der Klägerin hergestellte Blutzuckermessgerät "Medismart Brilliant" mit der Artikelnummer 202-00 in das Hilfsmittelverzeichnis einzutragen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie halten den angefochtenen Bescheid i.d.F. des Widerspruchsbescheides für rechtmäßig. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BSG vom 16.9.2004 halten sie für den vorliegenden Fall nicht für anwendbar, weil es bei der C-Leg-Entscheidung um den Nachweis des therapeutischen Nutzens für ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich gegangen sei und nicht um ein Hilfsmittel zur Sicherung des Behandlungserfolges wie im vorliegenden Fall. Die Klägerin gehe mit ihrer Einschätzung fehl, dass durch den Nachweis der CE-Kennzeichnung auch alle übrigen Tatbestandsmerkmale zu § 139 Abs. 2 SGB V erfüllt sein sollten, denn die Prüfung nach dem MPG beschränke sich auf die Prüfung der Funktionstauglichkeit des entsprechenden Produktes. Sie erstrecke sich jedoch nicht auf die Prüfung des therapeutischen Nutzens oder auf die Prüfung der Qualität des Produktes. Sowohl der therapeutische Nutzen als auch die Qualität seien Vorgaben, die von den Zielen des § 1 MPG nicht erfasst würden. Qualität i.S.d. § 139 Abs. 2 Satz 1 SGB V bedeute neben der Zusammenfassung der Merkmale Funktionstauglichkeit und therapeutischer Nutzen die Einhaltung der Grundsätze des § 139 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

Das Gericht hat den Gemeinsamen Bundesausschuss zum Verfahren beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie den sonstigen Inhalt der Prozessakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte in der Sache ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26.4.2005 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2005 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG. Sie hat Anspruch auf Aufnahme des von ihr hergestellten Blutzuckermessgerätes "Medismart Brilliant" in das Hilfsmittelverzeichnis.

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 139 Abs. 4 SGB V. Nach dieser Vorschrift sind Hilfsmittel aufzunehmen, wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit, Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Abs. 2 und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache versehen ist. Gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 SGB V erfolgt die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis auf Antrag des Herstellers. Über die Aufnahme entscheiden die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich; sie können vom Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob die Voraussetzungen nach Abs. 4 erfüllt sind (§ 139 Abs. 3 Satz 2 SGB V). Die Klägerin hat im August 2004 bei den Beklagten die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis beantragt. Es handelt sich bei dem von ihr hergestellten Blutzuckermessgerät "Medismart Brilliant" um ein Hilfsmittel i.S.v. § 33 SGB V. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Bei dem Blutzuckermessgerät handelt es sich um ein "anderes Hilfsmittel" i.S.d. Gesetzes, da es im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern. Das Blutzuckermessgerät "Medismart" ist ein Medizinprodukt i.S.d. § 3 Nr. 1 MPG. Nach dieser Vorschrift sind Medizinprodukte alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der für ein einwandfreies funktionierendes Medizinprodukt eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen, c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder d) der Empfängnisregelung zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann. Das von der Klägerin hergestellte Blutzuckermessgerät stellt ein Medizinprodukt i.S.v. § 3 Nr. 1 MPG dar, das in § 3 Nr. 4 und 5 näher definiert wird. Es handelt sich bei dem Blutzuckermessgerät nämlich um ein In-Vitro-Diagnostikum. Nach § 3 Nr. 4 MPG ist ein In-Vitro-Diagnostikum ein Medizinprodukt, das als Reagenz, Reagenzprodukt, Kallibriermaterial, Kontrollmaterial, Kipp, Instrument, Apparat, Gerät oder System einzeln oder in Verbindung miteinander nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung zur In-Vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben einschließlich Blut- und Gewebespenden bestimmt ist und ausschließlich oder hauptsächlich dazu dient, Informationen zu liefern a) über physiologische oder pathologische Zustände oder b) über angeborene Anomalien oder c) zur Prüfung auf Unbedenklichkeit oder Verträglichkeit bei den potenziellen Empfängern oder d) zur Überwachung therapeutischer Maßnahmen. Nach § 3 Nr. 5 MPG ist In-Vitro-Diagnostikum zur Eigenanwendung ein In-Vitro-Diagnostikum, das nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung von Laien in der häuslichen Umgebung angewendet werden kann.

Die Voraussetzungen des § 139 Abs. 3 SGB V zur Aufnahme des "Medismart Blutzuckermessgerätes Brilliant" sind vorliegend erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen und den medizinischen Nutzen nachgewiesen und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache versehen. Gemäß § 139 Abs. 5 Satz 1 SGB V gilt für Medizinprodukte i.S.d. § 3 Nr. 1 MPG der Nachweis der Funktionstauglichkeit und der Sicherheit durch die CE-Kennzeichnung nämlich grundsätzlich als erbracht. Mit Vorlage der vom TÜV Österreich am 4.5.2004 ausgestellten CE-Zertifizierung mit der Nummer CE 04/08 hat die Klägerin den Nachweis der Funktionstauglichkeit und der Sicherheit für das Medismart Blutzuckermessgerät erbracht. Im Rahmen der Prüfung zur Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis ist nämlich zu berücksichtigen, dass die meisten Hilfsmittel - wie auch hier - Medizinprodukte i.S.d. MPG sind und deshalb nur in den Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 MPG). Gemäß § 6 Abs. 2 MPG dürfen Medizinprodukte mit der CE-Kennzeichnung nur versehen werden, wenn die Grundlegenden Anforderungen nach § 7, wie auch sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbar sind, erfüllt sind und ein für das jeweilige Medizinprodukt vorgeschriebenes Konformitätsbewertungsverfahren nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 37 Abs. 1 durchgeführt worden ist. Gemäß § 7 sind die grundlegenden Anforderungen für In-Vitro-Diagnostika die Anforderungen des Anhangs 1 der Richtlinie 98/79/EG in den jeweils geltenden Fassungen. Diese Voraussetzungen sind bei dem hier streitigen Hilfsmittel erfüllt. Die Zertifizierungsurkunde vom TÜV Österreich bestätigt nämlich die EG-Konformitätsbescheinigung des Qualitätssicherungssystems der Produktion gem. dem Anhang VII Abschnitt 3 der Richtlinie 98/79/EG über In-Vitro-Diagnostika. Damit ist davon auszugehen, dass das Hilfsmittel grundsätzlich geeignet ist, den medizinischen Zweck zu erfüllen, den es nach den Angaben des Herstellers besitzen soll, und dass es die erforderliche Qualität besitzt, die notwendig ist, um die Sicherheit seines Benutzers zu gewährleisten (BSG-Urt. v. 28.9.2006, Az.: B 3 KR 28/05 R m.w.N.). Mit der CE-Kennzeichnung ist ein Hilfsmittel im Sinne der Produktsicherheit und Zwecktauglichkeit auch im krankenversicherungsrechtlichen Sinne funktionstauglich, ohne dass dies von den Krankenkassen oder Gerichten noch eigenständig zu prüfen wäre. Der CE-Kennzeichnung kommt insoweit eine Tatbestandswirkung zu (BSG a.a.O.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist über die CE-Zertifizierung hinaus für das streitige Hilfsmittel von der Klägerin kein weiterer Nachweis bezüglich der Funktionstauglichkeit, Sicherheit, besonderer Qualitätsanforderungen und medizinischen Nutzen zu erbringen. Bei einem Blutzuckermessgerät sind mit dem Nachweis der Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die vor der CE-Zertifizierung geprüft worden sind, die Voraussetzungen des § 139 Abs. 5 SGB V erfüllt. Einen darüber hinausgehenden therapeutischen Nutzen besitzt ein Blutzuckermessgerät nicht. Denn die Zweckbestimmung des Gerätes besteht in der Blutzuckerbestimmung. Bei Nachweis der Funktionstauglichkeit und Sicherheit des Gerätes ist der medizinische Nutzen dargelegt. Besondere Qualitätsanforderungen waren darüber hinaus von der Klägerin nicht zu erfüllen. Jedenfalls ist die Qualität des Produktes durch den Nachweis seiner Funktionstauglichkeit und Sicherheit gem. der CE-Zertifizierung erbracht, so lange nicht von den Beklagten darüber hinausgehende Qualitätsanforderungen aufgestellt werden. Dies ist für Blutzuckermessgeräte jedoch bislang nicht geschehen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage waren die Beklagten antragsgemäß zu verurteilen, das Blutzuckermessgerät "Medismart Brilliant" in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. dem § 154 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist beträgt für die Klägerin drei Monate, weil die Zustellung außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgerichtsgesetzes erfolgt.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht Köln, An den Dominikanern 2, 50668 Köln, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats, von der Klägerin innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

SG Köln vom 19.03.2008
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