LG Saarbrücken: Fehlender Wirksamkeitsnachweis bei Besuch einer Salzgrotte

Leitsätze[1]

  1. In Bezug auf die Behandlung von Hauterkrankungen, stehen alle Angehörigen der Gesundheitsbranche im Wettbewerb, die hierfür Behandlungsmöglichkeiten anbieten, sei es durch ärztliche Behandlung, Medikamente, Sanatorien oder durch den gegenständlich beworbenen Besuch von Salzgrotten.
  2. Neben dem stationären räumlichen Markt betrifft dies auch alle diejenigen, die im Internet präsent sind und einen Versand von Arzneimitteln oder Hilfsmitteln anbieten.
  3. Die Werbung „Ein Besuch in der Salzgrotte hat positive Auswirkungen auf Hauterkrankungen wie Neurodermitis“ ist irreführend. Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung sind Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung nur zulässig, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.
  4. Wenn der Kläger darlegt und nachweist, dass jegliche tragfähige wissenschaftliche Grundlage für die Behauptung fehlt, trifft den Werbenden die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit seiner Aussage. Der Werbende muss in diesem Fall darlegen und nachweisen, dass er über entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse verfügt. Nicht ausreichend ist, dass er sich erst im Prozess auf ein noch einzuholendes Sachverständigengutachten beruft, aus dem sich die behauptete Wirkungsweise ergeben soll.
  5. Eine in englischer Sprache vorgelegte Studie ist nicht gerichtsverwertbar.
  6. Eine in russischer Sprache vorgelegte Studie ist nicht gerichtsverwertbar.
  7. Eine wissenschaftliche Absicherung von Werbebehauptungen zu einer Behandlung von Hauterkrankungen durch Versprühen von Aerosol in einer Salzgrotte existiert nicht
  8. Die Höhe der Abmahnkostenpauschale eines rechtsfähigen Verbandes zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen seiner Mitglieder ist nicht davon abhängig, ob die Abmahnung zu weit gefasst ist. Dies ergibt sich daraus, dass die Formulierung der Unterwerfungserklärung grundsätzlich Sache des Schuldners ist.

[1] Zitiert nach MD 5/18, 444 ff.

LG Saarbrücken, Teilurteil v. 02.03.2018 – 7 O 96/11
§§ 3 a, 5 Abs. 1, 2, 8 Abs. 3 Nr. 2, 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, 3 Abs. 1 HWG, 3 MPG, 301 ZPO
Andere Fundstellen: MD 5/18, S. 444 ff.


Leitsatz[1]

  1. In Bezug auf die Behandlung von Hauterkrankungen, stehen alle Angehörigen der Gesundheitsbranche im Wettbewerb, die hierfür Behandlungsmöglichkeiten anbieten, sei es durch ärztliche Behandlung, Medikamente, Sanatorien oder durch den gegenständlich beworbenen Besuch von Salzgrotten.
  2. Neben dem stationären räumlichen Markt betrifft dies auch alle diejenigen, die im Internet präsent sind und einen Versand von Arzneimitteln oder Hilfsmitteln anbieten.
  3. Die Werbung „Ein Besuch in der Salzgrotte hat positive Auswirkungen auf Hauterkrankungen wie Neurodermitis“ ist irreführend. Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung sind Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung nur zulässig, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.
  4. Wenn der Kläger darlegt und nachweist, dass jegliche tragfähige wissenschaftliche Grundlage für die Behauptung fehlt, trifft den Werbenden die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit seiner Aussage. Der Werbende muss in diesem Fall darlegen und nachweisen, dass er über entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse verfügt. Nicht ausreichend ist, dass er sich erst im Prozess auf ein noch einzuholendes Sachverständigengutachten beruft, aus dem sich die behauptete Wirkungsweise ergeben soll.
  5. Eine in englischer Sprache vorgelegte Studie ist nicht gerichtsverwertbar.
  6. Eine in russischer Sprache vorgelegte Studie ist nicht gerichtsverwertbar.
  7. Eine wissenschaftliche Absicherung von Werbebehauptungen zu einer Behandlung von Hauterkrankungen durch Versprühen von Aerosol in einer Salzgrotte existiert nicht.
  8. Die Höhe der Abmahnkostenpauschale eines rechtsfähigen Verbandes zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen seiner Mitglieder ist nicht davon abhängig, ob die Abmahnung zu weit gefasst ist. Dies ergibt sich daraus, dass die Formulierung der Unterwerfungserklärung grundsätzlich Sache des Schuldners ist.

LG Saarbrücken, Teilurt. v. 02.03.2018 – 7 O 96/11

Aus dem Tatbestand

Der Kl. ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Die Bekl. betreibt eine sogenannte Salzgrotte in H. Dabei handelt es sich um mit Salz ausgekleidete Räumlichkeiten. Für den Aufenthalt in dieser Salzgrotte warb die Bekl. am 09.03.2011 u. a. mit folgenden Angaben:

„Ein Besuch in der Salzgrotte M. hat positive Auswirkungen auf: HAUTERKRANKUNGEN WIE NEURODERMITIS“.

Nachdem der Kl. die Bekl. wegen der streitgegenständlichen Aussage erfolglos abgemahnt hatte, erging auf Antrag des Kl. am 01.04.2011 unter dem Aktenzeichen 7 O 55/11, LG Saarbrücken eine einstweilige Verfugung, in der der Bekl. u. a. diese Werbung untersagt wurde. Mit Schreiben vom 18.04.2011 forderte der Kl. die Bekl. zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf.

Der Kl. macht Unterlassungsanspruche geltend. Er trägt vor, er sei gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.

Die Bekl. werbe irreführend unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 HWG und § 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG. Mit den streitgegenständlichen Angaben lege die Bekl. dem Aufenthalt in der Salzgrotte eine umfänglich heilende Wirkung bei. Die Angaben seien unzutreffend. Es handele sich um gesundheitsbezogene Werbung, die in keiner Weise belegt sei. Wer im geschäftlichen Verkehr mit Wirkungsaussagen Werbung treibe, die wissenschaftlich ungesichert sei, habe darzulegen und zu beweisen, dass seine Angaben zutreffend und richtig sind. Notwendig hierfür sei die Vorlage einer randomisierten, placebokontrollierten und doppeltblind durchgeführten Studie an einer ausreichenden Probandenzahl.

Nachdem teilweise Klagerücknahme erfolgt ist bzw. die Bekl. Teilklageanspruche anerkannt hat, beantragt der Kl. nunmehr noch:

Die Bekl. wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für einen Aufenthalt in der „Salzgrotte M.“ zu werben:

  1. „Ein Besuch in der Salzgrotte M. hat positive Auswirkungen auf: -ASTHMA BRONCHIALE“,
  2. „Ein Besuch in der Salzgrotte M. hat positive Auswirkungen auf:

-ALLERGISCHE UNO CHRONISCHE OBSTRUKTIVE BRONCHITIS“,

  1. „Ein Besuch in der Salzgrotte M. hat positive Auswirkungen auf:

-ALLERGISCHE NEBENHOHLENENTZÜNDUNG“,

  1. „Ein Besuch in der Salzgrotte M. hat positive Auswirkungen auf:

- HAUTERKRANKUNG WIE NEURODERMITIS“.

Die Bekl. beantragt Klageabweisung. Sie bestreitet die Aktivlegitimation des Kl. hinsichtlich Mitgliederzahl und finanzieller Ausstattung.

Sie behauptet, in den Räumen der Salzgrotte werde durch verschiedene Geräte und das eingesetzte Salz ein künstliches Seeklima geschaffen. Es sei ein Ultraschallvernebelungsgerät, ein Medizinprodukt, eingesetzt. Zusätzlich sei der Raum mit einem Zu- und Abluftsystem versehen (sog. Gradierwerk). Außerdem kamen Klimasysteme mit Filteranlage zum Einsatz. Es sei Meersalz aus dem Toten Meer verbaut. Sie verwende sogenannte „Bad Reichenhaller Sole“. Durch die Kaltverdampfung der Inhaliersole gelangten kleinste Salztröpfchen in die Luft. Diese verdunsteten, bis Trocken-Aerosol entstehe. Diese mikroskopisch kleinen Salzpartikel sowie die noch nicht verdunsteten Salzwassertröpfchen würden vom Anwender eingeatmet und könnten so ihre vorbeugende und wohltuende Wirkung entfalten. Insbesondere verbessere eine optimale Befeuchtung der Atemwege die Reinigungsfunktion der Lunge und könne gegen verschiedene chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen helfen. Durch die in der Salzgrotte der Bekl. eingesetzten Medizinprodukte könnten die Patienten die feinen salzhaltigen Lufttröpfchen inhalieren und dadurch besser atmen, abhusten und vorbeugend die im Antrag genannten Krankheiten behandeln lassen. Durch den durch die Einwirkung des Feinsalznebels auf die Haut erzeugten mikrokristallinen Salzfilm könnten Hautbeschwerden gelindert werden. Die Wirkungen der Salzgrotten/Halotherapie seien wissenschaftlich belegt.

Sie ist der Ansicht, § 3 Nr. 1 HWG sei nicht anwendbar. Keine der streitgegenständlichen Werbeaussagen verspreche eine Erkennung, Beseitigung oder Linderung der vorhandenen Krankheit. Es werde in keinem Fall ausgesagt, dass eine bestimmte Krankheit behandelt werde. Der Besuch in der Salzgrotte solle lediglich unterstützend und vorbeugend wirken.

Sie bestreitet die Verwendbarkeit des vom Gericht eingeholten, auf den 15.09.2014 datierten Gutachtens, da nicht der vom Gericht beauftragte Sachverständige Prof. Dr. B., sondern der Leitende Oberarzt Dr. med. O. das Gutachten erstellt habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 25.06.2012 und zur Erstattung eines Gutachtens den Sachverständigen Prof. Dr. B. sowie den Sachverständigen Prof. Dr. V. bestellt.

Aus den Entscheidungsgründen

Es konnte gem. § 301 ZPO Teilurteil ergehen, nachdem zwar die Klage zum Klageantrag Nr. 11., aber noch nicht im Ganzen entscheidungsreif ist.

Es wurde in keinem Fall ausgesagt, dass eine bestimmte Krankheit behandelt werden solle. Der Besuch in der Salzgrotte solle lediglich unterstützend und vorbeugend wirken.

Der Klageantrag zu Ziff. 11. ist begründet.

Der Kl. ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Ihm gehört eine erhebliche Zahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben wie die Bekl.

Bei der Marktabgrenzung ist von der Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmers auszugehen.

Der Begriff der Waren und Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist weit auszulegen. Die beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen müssen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmens durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zumindest zu angrenzenden Branchen begründet. Dabei ist auf Seiten des in Anspruch Genommenen auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbshandlung zuzurechnen ist. Nicht maßgeblich ist, ob die in Anspruch Genommenen gerade bei den Waren oder Dienstleistungen, die mit den beanstandeten Wettbewerbsmaßnahmen beworben worden sind, mit diesem Unternehmen in Wettbewerb stehen (BGH, GRUR 2007, 809, Rdnr. 14 - Krankenhauswerbung).

Die Bekl. bietet Dienstleistungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens an, wie sich aus den streitgegenständlichen Angaben ergibt, mit denen die Bekl. den Besuch der von ihr betriebenen Salzgrotte in H. bewirbt. Mit dieser in Wettbewerb stehen nicht nur Betreiber anderer Salzgrotten, sondern jeder Unternehmer, der sich an denselben Adressatenkreis wie die Bekl. wendet. Dies sind bezogen auf die Behandlung von Hauterkrankungen alle Angehörigen der Gesundheitsbranche, die hierfür Behandlungsmöglichkeiten anbieten, sei es durch ärztliche Behandlung, Medikamente, Sanatorien oder eben den Besuch von Salzgrotten. Dem steht § 3 Abs. 4 UWG n.F. nicht entgegen. Diese Vorschrift betrifft lediglich den anzuwendenden Beurteilungsmaßstab, nicht jedoch die Klagebefugnis.

Der betroffene räumliche Markt betrifft, da die Bekl. ihre Leistungen nur stationär in Homburg anbietet, zunächst diejenigen angesprochenen Adressaten, die in H. und im Umkreis von ca. 20 km ihren Wohnsitz haben oder gegebenenfalls in diesem Bereich arbeiten und folglich konkrete Anbieter, die in diesem Bereich ihren Sitz oder eine Niederlassung haben. Daneben sind dies aber auch alle diejenigen, die in diesem Bereich ihre Leistungen anbieten, namentlich solche Unternehmen, die im Internet präsent sind und einen Versand von Arzneimitteln oder Hilfsmitteln anbieten. Zu berücksichtigende Mitglieder des Kl. sind demnach die unter „pharmazeutische Unternehmen, Handel mit pharmazeutischen Produkten“ aufgeführten Mitglieder.

Dabei handelt es sich um eine erhebliche Anzahl i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Hierfür ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend, dass Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise repräsentativ vertreten sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 UWG, Rdnr. 3.42 a, m.w.N.).

Der Kl. ist nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung auch imstande, die satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsachlich wahrzunehmen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Kl. Gerichtsbekannt seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen tätig ist und in diesem Zeitraum zahlreiche höchstrichterliche Entscheidungen erstritten hat. Es ist nicht bekannt geworden, dass er in der Vergangenheit seinen Zahlungspflichten für Prozesskosten nicht nachgekommen ist.

Dem Kl. steht gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 3 a UWG i.V.m. § 3 Abs. 1 HWG der begehrte Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Klageantrags zu Ziff. 11. zu.

Die Werbung der Bekl. ,,Ein Besuch in der Salzgrotte hat positive Auswirkungen auf ,,Hauterkrankung wie Neurodermitis" ist irreführend. Nach § 3 Abs. 1 HWG liegt eine irreführende und damit unzulässige Werbung vor, wenn Medizinprodukten, Verfahren und Behandlungen eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Ein Verstoß gegen das Verbot irreführender Werbung ist anzunehmen, wenn die betreffende Werbeaussage geeignet ist, beim Adressaten einen falschen Eindruck zu erwecken und infolgedessen seine Entscheidung zu beeinflussen.

Das HWG ist anwendbar. Bei dem Besuch in der Salzgrotte handelt es sich ausgehend von der Werbung der Bekl. um ein Verfahren bzw. eine Behandlung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG. Im Übrigen ist das Gesetz auch gem. § 1 Abs. 1 a auf Medizinprodukte i.S.d. § 3 des MPG anzuwenden.

Die streitgegenständliche Werbung fällt unter §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 3 Abs. 1 HWG. Beworben wird eine Behandlung bzw. ein Verfahren unter Einsatz von Medizinprodukten, dem eine therapeutische Wirkung beigelegt wird, nämlich auf Hauterkrankungen wie Neurodermitis.

Der angesprochene Adressatenkreis, nämlich Personen, die hierunter leiden, verstehen die versprochene positiven Auswirkungen auf diese zunächst im Sinne einer Linderung ihrer Beschwerden, nicht lediglich einer Vorbeugung (OLG Oldenburg, Urt. v. 24.11.2016 - 6 U 139/16, Rdnr. 3; KG, Urt. v. 30.01.2015 - 5 W 11/15, Rdnr. 104 f.; OLG Nürnberg, Urt. v. 10.09.2013 - 3 U 107/13, Rdnr. 15, jew. juris).

Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung sind Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung nur zulässig, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen (BGH, Urt. v. 07.05.2015 - I ZR 29/14, Rdnr. 16 - Äquipotenzangabe in Fachinformation; BGH, Urt. v. 06.02.2013 - I ZR 62111, Rdnr. 16 f. - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil; Köhler/Bornkamm, UWG, § 5 UWG, Rdnr. 1.250, 2.220). Wenn in diesem Fall der Kl. darlegt und nachweist, dass jegliche tragfähige wissenschaftliche Grundlage für die Behauptung fehlt, trifft den Werbenden die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit seiner Aussage (BGH, a.a.O., Rdnr. 32 - Basisinsulin; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 UWG, Rdnr. 1.250, § 12 UWG, Rdnr. 2.95). Der Werbende muss in diesem Fall darlegen und nachweisen, dass er über entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse verfügt. Nicht ausreichend ist, dass er sich erst im Prozess auf ein noch einzuholendes Sachverständigengutachten beruft, aus dem sich die behauptete Wirkungsweise ergeben soll.

Da der Kl. im Streitfall dargelegt und nachgewiesen hat, dass eine tragfähige wissenschaftliche Grundlage bezüglich der Behandlung von Hauterkrankungen mittels des Aufenthaltes in einer Salzgrotte fehlt, ist die Bekl. beweispflichtig. Sie ist jedoch beweisfällig geblieben. Sie hat den erforderlichen wissenschaftlichen Nachweis nicht erbracht.

Die Untersuchung von A. V. Tscherwinskaya (offensichtlich eine abweichende Schreibweise zu Chervinskaya) ohne Datum befasst sich im Wesentlichen mit der Auswirkung der Halotherapie auf Respirations- und Lungenkrankheiten. Soweit darin dargelegt ist, dass sich die Anwendung der Halotherapie auch bei Hauterkrankungen positiv auswirkt, lässt sich nicht nachvollziehen auf welcher Grundlage diese Ausführungen beruhen. Die Anlage […] ist lediglich in englischer Sprache vorgelegt worden und damit nicht gerichtsverwertbar. Die Bekl. hat des Weiteren als Anlage [...] in englischer Sprache und sodann in deutscher Sprache eine Metaanalyse von Studien über die Wirkung von Halotherapie vorgelegt, die im Wesentlichen von einer Forschungsgruppe um eine Professorin Chervinskaya und aus den Jahren 1994 bis 2011 stammen. Diese Studien befassen sich mit der Wirkung von Halotherapie, also dem Einatmen einer Salzlösung, auf Lungenkrankheiten, insbesondere Asthma und chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, Atemwegserkrankungen und Erkältungen. Lediglich in einer einzigen Veröffentlichung aus dem Jahr 2007 wird Bezug genommen auf Ergebnisse für die Anwendung der Methode der Halotherapie zur Rehabilitation von Patienten mit Hautkrankheiten, wobei der Zusammenfassung allerdings nicht entnommen werden kann, welche Ergebnisse auf welcher Basis insoweit erzielt worden sind. Ein Informationsgewinn kann dementsprechend den vorgelegten Zusammenfassungen nicht entnommen werden. Zur Belegung der Werbeaussage der Bekl. ist diese in dieser Form nicht geeignet.

Auch das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten und dessen Erläuterung durch den Sachverständigen Prof. Dr. V. haben nicht den Nachweis erbracht, dass ein Besuch in der Salzgrotte positive Auswirkungen auf Hauterkrankungen wie Neurodermitis hat.

Das Gutachten ist verwertbar. Die Bekl. hat den Sachverständigen nicht wegen Befangenheit abgelehnt. Dass der Sachverständige sich subjektiv in einer Salzgrotte nicht wohlfühlt und dies auch in seinem Gutachten eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, macht das Gutachten nicht unverwertbar.

Die von der Bekl. beworbene Wirkung auf Hauterkrankungen kann sich aufgrund der Situation in der Salzgrotte der Bekl. ausschließlich aufgrund der Exposition der Haut in Verbindung mit der Aerosol-Wirkung des dort versprühten Salzes in der Luft ergeben. Salz wird unstreitig weder als wässrige Lösung noch als salzhaltige Creme aufgetragen. Ein Salzbad oder eine simultane Lichttherapie finden nicht statt.

Unabhängig davon, wie weit die Haut der Salzlösung überhaupt ausgesetzt wird, - die Bekl. weist in ihrer Werbung darauf hin, dass der Besuch der Salzgrotte in normaler Kleidung stattfindet - hat der Sachverständige ausgeführt, dass eine wissenschaftlich basierte Therapie zur Behandlung von Hauterkrankungen ausschließlich mit versprühter Salzlösung nicht existiert. Die Behandlung mit Salz oder in einer Salzgrotte ist in den durch die involvierten medizinischen Fachgesellschaften konsentierten Leitlinien der wissenschaftlich fundierten, aktuellen Therapie der angesprochenen Hauterkrankungen nicht aufgeführt. Entsprechende Studien waren dem Sachverständigen nicht bekannt. Bei Erläuterung seines Gutachtens im Termin vom 13.12.2017 hat der Sachverständige dies dahin eingeschränkt, dass die Ausnahme Studien einer russischen Forschergruppe um Chervinskaya darstellen offensichtlich diejenigen, die die Bekl. vorgelegt hat. Diese liegen allerdings nur in russischer Sprache vor und sind daher im vorliegenden Verfahren nicht verwertbar. Trotz Hinweises des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2017 sind diese Studien nicht in beglaubigter deutscher Übersetzung von der Bekl. vorgelegt worden.

Diese Studien haben offensichtlich nicht zur Folge gehabt, dass gegenwärtig Behandlungen von Hauterkrankungen in einer Salzgrotte bzw. durch Besprühen mit Salzaerosol aus medizinischer Sicht als Therapiemöglichkeit in Betracht gezogen werden. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung bekräftigt, dass es keine Therapie mit reinem Salz und auch keine entsprechenden Studien gibt.

Die Frage, welchen Salzgehalt die in der Salzgrotte der Bekl. versprühte Salzlösung hat, kann dahingestellt bleiben, da eine wissenschaftliche Absicherung der streitgegenständlichen Werbebehauptung der Bekl. zu einer Behandlung durch Versprühen von Aerosol in einer Salzgrotte nicht existiert. Aufgabe des Sachverständigen war es nicht, eine eigene Studie zu erstellen, sondern lediglich anhand der existierenden wissenschaftlichen Belege zu überprüfen, ob die streitgegenständliche Werbebehauptung wissenschaftlich belegt ist.

Auf das Sachverständigengutachten vom 15.09.2014 kann sich die Bekl. nicht stützen. Zum einen hat sie der Verwertung des Gutachtens unter Hinweis darauf widersprochen, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige das Gutachten nicht in Person erstellt, sondern lediglich mit „Nach Durchsicht und Wertung mit der gutachterlichen Äußerung einverstanden“ abgezeichnet hat. Zum anderen ist Prof. Dr. B. Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde und nicht für Hauterkrankungen. Zudem liegt kein Widerspruch in dessen Äußerungen zu dem Gutachten Prof. Dr. V. vor. Der Sachverständige B. hat sich zu der entzündungshemmenden und die Abschuppung fördernden Wirkung von Solebädern bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Psoriasis geäußert und darauf hingewiesen, dass sich diese Effekte noch bei der Kombination mit einer gleichzeitigen UV-Licht­Bestrahlung während des Bades potenzieren. Dies ist nicht vergleichbar mit der Situation in der streitgegenständlichen Salzgrotte. Salzbäder finden dort nicht statt. Zudem hat er in seinem Gutachten in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen Prof. V. ausgeführt, dass zu den spezifischen Auswirkungen von Aufenthalten in Salzgrotten auf den Verlauf von Hauterkrankungen wie Neurodermitis in den einschlägigen wissenschaftlichen Literaturdatenbanken keinerlei publizierte Untersuchungsergebnisse existieren.

Danach besteht der begehrte Unterlassungsanspruch des Kl. Die erforderliche Wiederholungsgefahr wird aufgrund des begangenen Wettbewerbsverstoßes vermutet.

Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 ZPO.

Die noch ausstehenden Klageanträge sind noch nicht entscheidungsreif. Die Bekl. hat die Verwertung des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. B. zu Recht abgelehnt, da dieser das Gutachten nicht selbst erstellt hat. Der vom Gericht ausgewählte und persönlich beauftragte Sachverständige hat das Gutachten selbst und eigenverantwortlich zu erstatten (BVerwG, NJW 1984, 2645; OLG Frankfurt a. M., MOR 1983, 849). Eine Vertretung in der Ausarbeitung des Gutachtens ist ausgeschlossen (Zöller, ZPO, § 404 ZPO, Anm. 1 a). Es muss folglich ein neues Sachverständigengutachten zur Beantwortung der Beweisfragen beauftragt werden.

[1] Zitiert nach MD 5/18, 444 ff.

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