OLG Koblenz: Wettbewerbsverstoß durch Überlassung von Medizinprodukten (Rückenbandage) an Ärzte, verbunden mit dem Angebot von Zahlungen für das Ausfüllen von Fragebögen zur Bewertung der Trageeigenschaften des Produkts durch Patienten.

1. Die Überlassung einer Rückenbandage an Patienten verstößt, wenn sie nicht wegen etwaiger Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist, gegen die ärztliche Berufsordnung. Dasselbe gilt für die Entgegennahme von Zahlungen für das Ausfüllen eines Fragebogens, in dem im Wesentlichen die subjektive Einschätzung des Patienten zu den Trageeigenschaften der Bandage anzugeben sind.

2. Mit der Abgabe der Bandage an Ärzte und das Anbieten eines nicht unbeträchtlichen Honorars für das Ausfüllen der Fragebögen fördert der Hersteller/Vertreiber des Produkts den ärztlichen Standesverstoss bzw. nutzt diesen unter gleichzeitiger Verletzung des § 3 UWG aus.

OLG Koblenz, Urteil v. 22.02.2005 – 4 U 813/04


Gründe:

Der Beklagte betreibt ein Sanitätshaus, in dem er u.a. eine Lumbalbandage unter der Bezeichnung "RSB Aktivo" angeboten hat. Mit Schreiben vom 28.6.2002 beantragte der Beklagte die Aufnahme des Produktes in das Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen gem. § 128 SGB V. Zum Nachweis der Funktions-/Gebrauchstauglichkeit, ggf. der Wirkungsweise und des therapeutischen Nutzens gem. § 139 SGB V legte der Beklagte mit dem Antrag ein fachorthopädisches Gutachten des Dr. med. H. vom 13.5.2002 vor und im weiteren Verlauf des Verfahrens ein Gutachten des Dr. med. B. vom 28.2.2003. Mit Zwischenbescheid vom 11.10.2002 teilte der für das Antragsverfahren zuständige IKK Bundesverband dem Beklagten mit, dass das vorgelegte Gutachten des niedergelassenen Orthopäden Dr. med. H. zum Nachweis des therapeutischen Nutzens/der Funktionstauglichkeit, des Produktes nicht herangezogen werden könne.

Während des laufenden Zulassungsverfahrens wandte sich der Beklagte an niedergelassene Ärzte, u.a. Anfang 2003 an den Dr. med. T. in S. Er übersandte den Ärzten eine "Studieninformation" für eine "Studie RSB" sowie die Bandagen RSB Aktivo. Bei der "Studie RSB" handelt es sich um einen Fragebogen zur "Qualitätsbewertung zur RSB Aktivo (Rückenstützbandage)" in der im Multiple-choice-Verfahren Fragen nach der Passgenauigkeit sowie Empfindungen des Patienten hinsichtlich Stoffqualität, Stützfunktion, Trageeigenschaft und des Zeitpunkts einer eingetretenen Schmerzlinderung beantwortet werden sollten. Für das Ausfüllen dieses Fragebogens (Bl. 12) sollte der jeweilige Arzt dem Beklagten entsprechend einer Musterrechnung auf der Grundlage "GOÄ Ziff. 80, einfach" 17,49 EUR in Rechnung stellen. Weiter sollte der Arzt nach erfolgter Versorgung von 100 Patienten ein Abschlussgutachten erstellen, das er mit 335,15 EUR vom Beklagten honoriert bekommen sollte. Ein Beispiel für ein solches Gutachten, wurde den angeschriebenen Ärzten ebenfalls vom Beklagten überlassen (Bl. 13). Zur vereinfachten Abwicklung war den Fragebögen zusätzlich eine Diskette beigefügt, auf der ein Formular des Fragebogens sowie der Rechnung und das Beispiel für ein Endgutachten gespeichert waren. Nach Durchführung der Studie mit 100 Patienten konnte der jeweilige Arzt 2.104,26 EUR abrechnen.

Der Kläger, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., hat dieses Vorgehen beanstandet und den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Er sieht darin eine Förderung bzw. ein Ausnutzen des Standesverstoßes der betroffenen Ärzte, deren Verhalten § 31 der Musterberufsordnung für Ärzte zuwiderlaufe, womit zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliege.

Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte verleite die Ärzte zu einer Verletzung ihrer Berufsordnung, die es ihnen verbiete, für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln von dem Hersteller oder Händler eine Vergütung oder sonstige wirtschaftliche Vergünstigungen zu fordern und ohne hinreichenden Grund Patienten an bestimmte Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen (§§ 3 Abs. 2, 31, 34 Abs. 1 und Abs. 5 Musterberufsordnung und Berufsordnung der Ärzte Westfalen Lippe), Bei der Zahlung für die gutachterliche Tätigkeit des jeweiligen Arztes handele es sich tatsächlich um eine Prämienzahlung für die Zuweisung von Patienten. Die in der "Qualitätsstudie" aufgeworfenen Fragen seien derart banal und einfach zu beantworten, dass sie kaum geeignet seien, den Nachweis über den therapeutischen Nutzen der Bandage zu erbringen. Von einer Anwendungsstudie sei im Anschreiben des Beklagten auch keine Rede. Die Abrechnung nach Ziff. 80 und 85 GOÄ sei unzulässig, da deren Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Fragebogen umfasse nur wenige Fragen, die der Arzt ohnehin im Rahmen der Anamnese erheben müsse. Die Beantwortung der Fragen erfordere keinerlei ärztlichen Sachverstand. Die Gutachten seien als Textbaustein vorgegeben und. stereotyp. Das Vorgehen des Beklagten diene ausschließlich dem Ziel, eine Vielzahl von Ärzten für die Zusammenarbeit mit seinem Sanitätshaus zu gewinnen. Für einen Verstoß gegen die ärztliche Berufsordnung sei es unerheblich, ob die Bandagen den Ärzten kostenlos oder gegen Entgelt überlassen würden. Bei einem Preis der Bandage von 130 EUR könne der Beklagte bei 100 verkauften Bandagen pro Arzt und 100 teilnehmenden Ärzten einen Umsatz von 1,3 Mio. EUR erzielen.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten wie aus dem Urteilstenor ersichtlich zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, mit Hilfe der beanstandeten ärztlichen Anwendungsstudien habe er - letztlich mit Erfolg - die Aufnahme der Rückenstütze in das sog. Hilfsmittelverzeichnis gem. § 128 SGB V verfolgt, die Voraussetzung für die Kostenerstattung durch die Krankenkassen sei. Die Bandagen habe er zu diesem Zweck den Ärzten für ihre Studien kostenlos zur Verfügung gestellt. Von einer verdeckten Vertriebsförderung könne deshalb keine Rede sein. Die Vergütung für die Mitwirkung der Ärzte sei angemessen. Bei der Abrechnung mit den Ärzten sei er nicht an die GOÄ gebunden. Er - der Beklagte - sei Hersteller und Vertreiber. Die konkreten Anforderungen für die Eintragung in das Hilfsmittelverzeichnis seien ihm nicht bekannt gewesen. Der sog. "kurze Versorgungsweg" sei in der Rechtsprechung als zulässig anerkannt. Das richtige Anlegen der Stütze sei Bestandteil der ärztlichen Therapie.

Das LG hat Beweis erhoben durch Einholung einer Auskunft des IKK Bundesverbandes sowie einer Stellungnahme der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Wegen der Ergebnisse der Beweiserhebung wird auf das Schreiben des IKK Bundesverbandes vom 17.11.2003 (Bl. 128/129) und die Stellungnahmen der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz vom 5.1.2004 (Bl. 136, 137) sowie vom 2.4.2004 (Bl. 142-145 d.A.) Bezug genommen.

Mit Urt. v. 17.6.2004 hat das LG die Klage abgewiesen (Bl. 159 f.). Zur Begründung hat es ausgeführt, es liege kein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf Seiten des Beklagten vor. Die Beteiligung der Ärzte sei im Rahmen des Eintragungsverfahrens in das Hilfsmittelverzeichnis erfolgt. Der Beklagte habe ein dringendes Interesse an diesen Anwenderstudien gehabt. Da er ernsthaft die Zulassung betrieben habe, liege keine Umgehung der Bestimmungen der Berufsordnung für Ärzte vor. Die Entgelthöhe sei kein Indiz für die Umgehungsabsicht. Die Mitwirkung bei der Studie sei keine ärztliche Leistung im Sinne der GOÄ. Unter betriebswirtschaftlicher Sicht sei das jeweilige Honorar keineswegs überhöht.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen ursprünglichen Klageantrag weiterverfolgt. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:

Der Beklagte sei nur Vertreiber, nicht auch Hersteller. Daher liege sein Interesse lediglich in einer Steigerung des Umsatzes. Die sog. "Studien" seien für das Zulassungsverfahren völlig unbrauchbar, so dass von einem Scheinmanöver auszugehen sei. Dies belege auch der Umstand, dass das Zulassungsverfahren bezüglich der Bandage RSB Aktivo nicht mehr betrieben werde. Das LG gehe verfahrensfehlerhaft davon aus, dass die kostenlose Abgabe der Bandage unstreitig oder erwiesen sei. Gegenteiliges habe er - der Kläger - im Falle Dr. T. vorgetragen und der Beklagte habe es nicht bestritten. Selbst wenn man von einem kostenlosen Überlassen an die Ärzte ausgehe, stelle sich die "Vorbereitungshandlung" als Wettbewerbshandlung dar. Ein Teil der Krankenkassen übernehme die Kosten auch ohne eine Eintragung, nach dem eigenen Vortrag des Beklagten etwa 50 % der Kassen. Die Abrechnung nach der GOÄ sei nach dem Gutachten der Landesärztekammer nicht zulässig. Dass das LG über eine höhere Sachkunde verfüge, sei nicht ersichtlich, zumindest habe ein entsprechender Hinweis darauf erteilt werden müssen. Die GOÄ sei anwendbar. Auch bei "betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise" sei eine Zahlung i.H.v. 2.104,26 EUR in Anbetracht des minimalen Aufwandes des Arztes nicht gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Trier vom 17.6.2004 abzuändern und nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen (Bl. 178, 179).

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LG für richtig, wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:

Er sei als Gesellschafter der B. und als deren Generalbevollmächtigter Hersteller der Bandagen und zur Durchführung des Zulassungsverfahrens bevollmächtigt. Die genauen Zulassungsvoraussetzungen seien ihm zunächst unbekannt gewesen. Bei dem jetzt zugelassenen Produkt RSB Aktivo Plus handele es sich um eine Weiterentwicklung von RSB Aktivo, da Ersteres mit Letzterem zu 99 % baugleich sei. Sein Vorgehen stelle keine Wettbewerbshandlung dar. Ein messbarer wirtschaftlicher Erfolg sei erst nach der Eintragung in das Hilfsmittelverzeichnis denkbar. Die GOÄ sei in seinem Verhältnis zu den Ärzten nicht anwendbar. Sein Vorgehen habe ausschließlich den Zwecken des Eintragungsverfahrens in das Hilfsmittelverzeichnis gedient, die abweichende Auffassung des Klägers sei kaufmännisch nicht plausibel.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren und der in diesem gestellten Anträge wird auf die Berufungsbegründung vom 17.8.2004 (Bl. 178 f.), die Berufungserwiderung vom 29.11.2004 (Bl. 205 f.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 1.2.2005 Bezug genommen.

Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils.

Die Anträge 1) und 2) des Klägers sind begründet, da ihm ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten, der die beteiligten Ärzte zu einem Verstoß gegen die Berufsordnung anstiftet, gem. § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG (der seit 8.7.2004 geltenden Fassung) zusteht. Nach § 4 Nr. 11 UWG stellt die Verletzung von gesetzlichen Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, unlauteren Wettbewerb dar.

Zu den wertbezogenen Normen gehören auch diejenigen Vorschriften, die dem Schutz der Volksgesundheit dienen und daher wegen ihrer gesundheitspolitischen Zielsetzung als sittlich-rechtlich fundiert anzusehen sind. Dies gilt auch für das ärztliche Standesrecht, das neben dem Schutz der Ärzteschaft bei deren Wettbewerb untereinander auch den Schutz der Bevölkerung vor unsachlicher Beeinflussung und die Abwehr langfristiger negativer Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung bezweckt (OLG Schleswig, WRP 2004, 126-129 = GRUR 2004, 171-174 m.w.N.; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rz. 11.74 m.w.N.). Das Verhalten der für den Beklagten tätig werdenden Ärzte stellt einen Verstoß gegen die §§ 3 Abs. 2, 34 Abs. 1 und 5 Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (vgl. NJW 1997, 3076 f.) sowie die entsprechenden gleichlautenden Berufsordnungen für die Ärzte in Rheinland-Pfalz bzw. der Ärztekammer Westfalen/Lippe dar.

Gemäß § 3 Abs. 2 Berufsordnung ist es Ärztinnen und Ärzten u.a. untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produkts wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist. Das Verbot beruht auf der traditionellen Trennung der Tätigkeit von Ärzten einerseits und Herstellern von medizinischen Hilfsmitteln oder sonstigen Medizinprodukten andererseits. Es hat die Trennung merkantiler Gesichtspunkte vom Heilauftrag des Arztes zum Gegenstand und soll außerdem verhindern, dass das besondere Vertrauen in den Arztberuf zur Verkaufsförderung solcher Produkte missbraucht wird, die der Patient nicht notwendigerweise in Zusammenhang mit seiner Betreuung benötigt. Dabei stellt die Berufsordnung nicht auf die Entgeltlichkeit ab, sondern untersagt sogar eine unentgeltliche Abgabe der betreffenden Produkte.

Nach § 34 Abs. 5 Berufsordnung ist es den Ärzten nicht gestattet, Patientinnen oder Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen, und insb. nicht gestattet, für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln von dem Hersteller oder Händler eine Vergütung oder sonstige wirtschaftliche Vergünstigung zu fordern oder anzunehmen (§ 34 Abs. 1).

Mit diesen Verboten steht die Abgabe der von dem Beklagten den einzelnen Ärzten überlassenen Rückenbandagen und die Zahlung der Vergütungen für das Ausfüllen der Fragebogen und die Erstellung der Endgutachten nicht in Einklang. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die von den Ärzten vorgenommene Überlassung der Bandagen an Patienten die Abgabe eines von den vorgenannten Vorschriften erfassten Produktes darstellt. Ein Verstoß wäre daher nur dann zu verneinen, wenn die Abgabe der Bandagen wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie wäre und die Zahlungen durch den Beklagten tatsächlich ausschließlich zum Zwecke der Durchführung des Eintragungsverfahrens in das Hilfsmittelverzeichnis erfolgt wären. Beides ist zu verneinen.

Die Abgabe durch den Arzt ist nur dann erlaubt, wenn die ärztliche Therapie es erfordert, dass das Produkt nicht durch einen Dritten, also etwa einen Mitarbeiter eines Sanitätshauses, sondern gerade durch den Arzt selbst dem Patienten verabreicht wird. Das ergibt sich aus Wortlaut und Sinn der Bestimmung des § 3 Abs. 2 sowie ihrem systematischen Zusammenhang in der Berufsordnung. Nach dem Wortlaut der Bestimmung reicht es nicht aus, dass das Produkt selbst notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist, vielmehr ist erforderlich, dass gerade die Abgabe durch den Arzt medizinisch geboten ist. Auch nach dem Sinn der Bestimmung ergibt sich nichts anderes. Diese will im Grundsatz die traditionell geprägte Trennung der ärztlichen Tätigkeit einerseits und der Heilmittelveräußerung andererseits aufrechterhalten. Auch der systematische Zusammenhang steht einer anderen Auslegung der Vorschrift entgegen. Wenn nämlich - wie dies § 34 Abs. 5 Berufsordnung festschreibt - dem Arzt sogar schon der Verweis an einen bestimmten Anbieter von gesundheitlichen Leistungen untersagt ist, dann kann es ihm nicht auf der anderen Seite gestattet sein, die betreffenden Produkte sogar selbst zu vertreiben. Die Abgabe der Bandagen an die Patienten war somit den Ärzten untersagt, da sie nicht notwendiger Bestandteil der Therapie waren. Die Bandage kann zwanglos in Sanitätshäusern erworben und dort auch dem Patienten angepasst werden.

Die Abgabe der Bandagen unterfällt auch dem Verbot nach § 34 Abs. 5 Berufsordnung. Auch sie untersagt es dem Arzt, an Stelle von Apotheken und Sanitätshäusern die Bandagen abzugeben. Wenn nämlich der Arzt in die Freiheit der Auswahl durch den Patienten schon nicht durch den Hinweis auf ein bestimmtes Sanitätshaus eingreifen darf, dann darf er erst recht nicht selbst die Waren abgeben, weil er so durch die angebotene Bequemlichkeit einerseits und im Hinblick auf das ihm entgegengebrachte Vertrauen andererseits sogar in besonders massiver Weise in eben diese Auswahlfreiheit eingreift. Faktisch und insb. aus der Sicht der Patienten betreibt der jeweilige Arzt eine Art Außenstelle des Sanitätshauses des Beklagten, mit dem er zusammenarbeitet. Das Angebot auf Überlassung der Bandage stellt damit, auch wenn es so nicht ausdrücklich formuliert wird, aus sich heraus eine deutliche Empfehlung an die Patienten dar, die Bandagen über ihn zu beziehen.

Schließlich liegt auch ein Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Berufsordnung durch die Entgegennahme der Zahlungen seitens des Beklagten vor. Diese stellen nämlich nach Überzeugung des Senats aufgrund der Gesamtumstände eine Vergütung für die Verordnung und den Vertrieb der Hilfsmittel dar und keine Vergütung für eine gutachterliche Tätigkeit im Rahmen des Eintragungsverfahrens in das Hilfsmittelverzeichnis. Für den letztgenannten Zweck waren sie nämlich untauglich, was dem Beklagten auch spätestens seit der Zwischennachricht des IKK Bundesverbandes vom 22.10.2002 bekannt war. Voraussetzung für einen Nachweis der Funktions-/Gebrauchstauglichkeit, ggf. der Wirkungsweise und des therapeutischen Nutzens gem. § 139 SGB V waren nämlich bestimmte Studien, deren Voraussetzungen die vom Beklagten den Ärzten abverlangten gutachterlichen Äußerungen nicht gerecht werden konnten. In dem Fragebogen war im Wesentlichen die subjektive Einschätzung des Patienten abzufragen und die Schmerzlinderung als "therapeutische Beurteilung" des behandelnden Arztes auf der Basis der Angaben des Patienten zu wiederholen. Bei den sog. Endgutachten handelt es sich um Schreiben, in denen das Produkt allgemein beschrieben und verschiedene Indikationsbereiche benannt werden. Eine Beschreibung und Bewertung des konkreten Einsatzes unter Berücksichtigung des Verwendungszwecks und der vorgesehenen Nutzergruppe findet nicht statt. Da den niedergelassenen Ärzten ein vorformuliertes Gutachten überlassen war, war davon auszugehen, dass den "Endgutachten" weiter gehende Informationen nicht zu entnehmen sein würden. Da die Formulierungen mit dem Gutachten des fachorthopädischen Gutachtens des Dr. med. H. vom 13.5.2002, das der Beklagte dem Antrag vom 28.6.2002 beigefügt hatte, wortgleich waren, stand spätestens mit dem Schreiben des IKK Bundesverbandes vom 22.10.2002 fest, dass mit dieser Art Gutachten eine Eintragung in das Hilfsmittelverzeichnis nicht zu erreichen sein würde. Wenn der Beklagte gleichwohl in Kenntnis dieser Umstände bereit war, nicht unbeträchtliche Honorare an die entsprechenden niedergelassenen Ärzte zu zahlen, konnte dies nach Überzeugung des Senats nur zu dem Zweck erfolgen, um den Absatz der Rückenbandagen zu fördern. Dem steht nicht entgegen, dass die Bandagen in das Hilfsmittelverzeichnis noch nicht aufgenommen waren. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, dass immerhin in 50 % der Fälle abgegebener Bandagen die Kosten seitens der Krankenkassen erstattet worden sind.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten i.H.v. 189 EUR aus den §§ 683, 670 BGB. Als Wettbewerbsverband kann er anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale verlangen, die er in zulässiger Weise auf 189 EUR beziffert hat. Der Anspruch auf Verzugszinsen besteht seit 11.6.2003, nachdem der Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 3.6.2003 die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Zahlung endgültig abgelehnt hat.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.189 EUR festgesetzt.

OLG Koblenz vom 22.02.2005
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