LG Trier: Keine Irreführung durch CE-Kennzeichnung (Digital-Multimeter)

Die Bewerbung eines Produkts mit der bloßen Angabe „Zur überzeugenden Ausstattung gehören : […] TÜV/GS + CE“ verstößt nicht gegen die §§ 3, 5 UWG, da hierdurch weder eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt der Werbung mit einer Selbstverständlichkeit noch die Erweckung eines irreführenden Eindrucks, das Produkt sei über die gesetzlichen Vorgaben hinaus freiwillig durch ein unabhängiges Institut geprüft worden, erfolgt.

Die Grenze zur Irreführung wird erst dann überschritten, wenn Verbrauchern gegenüber Selbstverständlichkeiten als eine Besonderheit, als eine kennzeichnende Eigenschaft eines Angebots herausgestrichen, sie hervorgehoben und als Besonderheit des Angebotes präsentiert werden.

Der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß hingegen, dass die CE-Kennzeichnung meist vom Gerätehersteller in eigener Verantwortung angebracht wird und dass es sich nicht um ein Zeichen eines unabhängigen Prüfinstitutes handelt.

LG Trier, Urteil v. 09.06.2011 – 7 HK O 53/11
UWG §§ 3, 5
Hinweis:

Die wettbewewerbsrechtlichen Erwägungen betreffend die CE-Kennzeichnung sind auf das Medizinprodukterecht übertragbar.


Verkündet am 09.06.2011.

Landgericht Trier

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

- Kläger -

Prozessbevollmächtigte:

gegen

- Beklagter -

Prozessbevollmächtigter:

hat die 7. Zivilkammer (Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Trier
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht sowie die Handelsrichterin und den Handelsrichter
auf die mündliche Verhandlung vom 05. Mai 2011

für R e c h t erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte vertreibt über das Internet gewerblich Elektrogeräte. Der Kläger hat ihn mit
Schreiben vom 16. November 2010 abgemahnt mit dem Vorwurf, er habe ein Digital-Multimeter in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise beworben mit der Angabe "TÜV/GS/CE"; jene Angabe erwecke den unzutreffenden Eindruck, das beworbene Produkt hätte in Bezug auf das CE-Kennzeichen eine besondere bei der Konkurrenz nicht vorhandene Eigenschaft; hinzu komme, dass der irreführende Eindruck erweckt werde, er habe das beworbene Produkt über die gesetzlichen Vorgaben hinaus freiwillig durch ein unabhängiges Prüfinstitut prüfen lassen.

Der Beklagte gab daraufhin ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung eine
Unterwerfungserklärung dahin ab, dass er es künftig unterlasse, Elektro- und/oder Elektronik-produkte damit zu bewerben, dass sie eine CE-Kennzeichnung tragen, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, es handele sich um eine Besonderheit des angebotenen Produkts. Der Kläger nahm die Unterwerfungserklärung an.

Mit der Klage fordert der Kläger die Erstattung der von ihm mit 208,65 EUR berechneten Abmahnkosten.

Dazu macht er geltend, seine Abmahnung sei berechtigt gewesen, die berechneten Abmahnkosten lägen noch unter seiner Kostendeckungsgrenze.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 208,65 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Dezember 2010 zu
zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet, den ihm vorgeworfenen Wettbewerbsverstoß begangen zu haben. Er habe nicht etwa die Formulierung "CE-geprüft" verwendet, sondern lediglich im Verbraucherinteresse darauf hingewiesen, dass das angebotene Elektrogerät ein CE-Kennzeichen habe, was zutreffend sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst der vorgelegten Urkunden verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig jedoch nicht begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht zu.

Der vom Kläger gegenüber dem Beklagten erhobene Vorwurf eines wettbewerbsrechtlichen
Fehlverhaltens ist nicht begründet, die Abmahnung vom 16. November 2010 war nicht gerechtfertigt. Die Unterwerfungserklärung hat der Beklagte ausdrücklich nur ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung abgegeben.

Die vom Kläger beanstandete Produktbeschreibung des Beklagten ist weder unter dem Gesichtspunkt der Werbung mit einer Selbstverständlichkeit irreführend nach den §§ 3, 5 UWG, noch erweckt sie den irreführenden Eindruck, das Produkt sei über die gesetzlichen Vorgaben hinaus freiwillig durch ein unabhängiges Institut geprüft worden. Die vom Kläger zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung herangezogenen gerichtlichen Entscheidungen betreffen dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbare Fallgestaltungen.

Dass der Kläger das beworbene Produkt wie folgt bezeichnet hat

"Digital-Multimeter DÜWI "Easy 7976 "TÜV/GS/CE"

und dazu angegeben hat

"Zur überzeugenden Ausstattung gehören:
...
- TÜV/GS + CE"

stellt aus der Sicht der angesprochenen Verbraucherkreise noch keine werbliche Herausstellung der CE-Kennzeichnung des Gerätes dar. Ebenso wenig vermittelt sie den Eindruck, es habe eine freiwillige Prüfung des Gerätes durch ein unabhängiges Institut stattgefunden, welche durch die Kennzeichnung "CE" belegt werde.

Es ist verboten, Verbrauchern gegenüber Selbstverständlichkeiten als eine Besonderheit, als eine kennzeichnende Eigenschaft eines Angebotes "herauszustreichen", sie "hervorzuheben" und sie als "Besonderheit des Angebotes" zu präsentieren. Erlaubt ist dagegen, lediglich auf die gesetzlich vorgeschriebene Lage hinzuweisen. Diese Grenze sieht die Kammer hier nicht als überschritten. Eine Irreführung scheidet aus, wenn der Verkehr erkennt, dass es sich bei der angegebenen Eigenschaft um etwas Selbstverständliches handelt. Dies ist hier nach Auffassung des Gerichtes der Fall. (vergleiche zu alledem Köhler/Bornkamm, UWG Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn.10.1 sowie § 5 Rn. 2.115 ff.)

Der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß, dass die CE-Kennzeichnung meist vom
Gerätehersteller in eigener Verantwortung angebracht wird und dass es sich nicht um ein Zeichen eines unabhängigen Prüfinstitutes handelt. Dies ist in dem hier beanstandeten Angebot des Beklagten auch nicht irreführend dargestellt. Die vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen der Landgerichte Stendal und Darmstadt betreffen dagegen Fälle, in welchen der Anbieter über die bloße Angabe des CE-Kennzeichens hinaus seine Ware als "CE-geprüft" bezeichnet hatte; die bloße Angabe des CE-Kennzeichens ist auch dort nicht beanstandet worden.

Die Nebenentscheidung folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 und 713 ZPO.

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